Köln (dpa/tmw) – Fitter, stärker, schlauer: Es gibt kaum einen gesünderen Ausdauersport als Fahrradfahren – das sagen Fahrrad-Enthusiasten und Experten. Wir geben Tipps zu Trainings- und Trittfrequenzen für Anfänger und Fortgeschrittene.
Warum ist Fahrradfahren so gesund?
Sogar die Weltgesundheitsorganisation (WHO) betont, wie gut Fahrradfahren für die Fitness ist. Radfahren ist «das Rundumpaket», sagt auch Prof. Ingo Froböse vom Zentrum für Gesundheit durch Sport und Bewegung an der Sporthochschule Köln (DSHS).
Wer regelmäßig in die Pedale tritt, tue nicht nur seinem Körper Gutes, sondern auch seiner Psyche.
«Innerhalb der ersten fünf Minuten im Sattel erhöht sich die Durchblutung. Wir haben sofort einen erhöhten Energieverbrauch und damit eine erhöhte Stoffwechselaktivität», sagt der Sportmediziner. Die Muskulatur werde gestärkt, das Immunsystem optimiert.
Hinzu kommt ein nicht zu unterschätzendes soziales Element. Sie können prima mit Kollegen, Freundinnen und der Familie radeln.
Kurzum: Wer regelmäßig radelt, ist stärker und fitter. Fahrradfahrer, die das ganze Jahr über im Sattel bleiben, sind kaum noch erkältet und werden seltener krank.
«Kaum eine andere Sportart verbessert die körperliche Fitness so effektiv wie das Radfahren», stellt auch die Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP) fest.
Warum ist Fahrradfahren der ideale Sport?
Das Erfolgsgeheimnis des Fahrradfahrens wäre ohne ein Bauteil nicht denkbar: den Sattel. Rund 60 bis 70 Prozent des Körpergewichts werden vom Sattel gestützt. So werden die Gelenke geschont, und niemand überanstrengt sich so schnell. Für Übergewichtige, für die Joggen nicht infrage käme, sinkt die Schwelle zum Sporttreiben.
3 Argumente, warum der Sport sich für jeden eignet:
- Radeln ist unkompliziert. «Eine Tätigkeit, die jeder kann, wenn er sie einmal erlernt hat», sagt Ingo Froböse. Zum Vergleich: Joggen als ebenfalls verbreitete Ausdauersportart sei wegen der speziellen Lauftechnik technisch anspruchsvoller.
- Radler sind bei der Ausübung flexibler als Menschen, die Mannschaftssportarten betreiben.
- Es ist egal, wie alt Sie sind: «Radfahren ist für jedes Alter geeignet», sagt Professor Rüdiger Reer, Generalsekretär der DGSP.
Worauf sollte ich beim Fahrrad-Training achten?
5 Tipps, damit Ihr Training erfolgreich und effizient ist:
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Ausdauer: Jeden Tag gemütlich zum Bäcker rollen, macht sicher nicht unfitter. Doch dauerhafte Trainingseffekte dürfen Sie kaum erwarten. Dafür müssen Sie regelmäßig kräftig in die Pedale treten. Die Atem- und Herzfrequenz muss spürbar erhöht sein. Steigen Sie gerade erst aufs Fahrrad um, sind drei Einheiten pro Woche von 20 bis 40 Minuten ausreichend.
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Frequenz: Experten wie Ingo Froböse empfehlen motivierten Einsteigern eine Trittfrequenz von 60 bis 80 Kurbelumdrehungen pro Minute. Das können Sie über einen Fahrradcomputer ermitteln. Dafür müssen Sie ihn mit einem Kadenzsensor an der Kurbel vernetzen. Werden Sie allmählich fitter, können Sie die Trittfrequenz auf 100 steigern. Das bringt zusätzliche Trainingseffekte. Gleiches gilt für Intervalltraining. Also legen Sie ab und zu Sprints ein.
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Energie: Übertreiben sollten Sie es nicht. «Während Sie radeln, sollten Sie sich noch locker unterhalten können, ohne außer Atem zu kommen», rät Mediziner Reer. Sonst droht Überlastung.
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Puls: «Wenn ich anhalte, sollte der Puls nicht höher als 180 minus Lebensalter sein, mindestens aber bei 100 Schlägen», nennt Froböse als Faustregel. Überwachen können Sie das ganz einfach mit einem Fitness-Tracker fürs Handgelenk oder Brustgurt, den Sie über Bluetooth mit Smartphone oder Fahrradcomputer koppeln.
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Gelenke: Vorsicht bei hohen Gängen: «Um die Gelenke zu schonen, sollte man einen leichten Gang wählen und kontinuierlich in die Pedale treten», rät Reer. Ist die Übersetzung zu hoch, kann das zur Belastungsprobe werden. Kniegelenkschmerzen und schnelle Ermüdung der Muskeln sind die Folge. Das Motto: Viel Bewegung, wenig Belastung.
Radeln im Alltag – wie sinnvoll ist ein Trainingsplan?
Fahrradfahren passt ideal zum modernen, teils hektischen Leben. «Im Gegensatz zum Sportverein oder einem Fitnessstudio ist Radfahren leicht in den Arbeits- oder Familienalltag zu integrieren», sagt DGSP-Generalsekretär Reer.
Tipp: Mangelt es Ihnen an Zeit, können Sie zum Beispiel mit dem Fahrrad zur Arbeit zu pendeln, und schon ist die Bewegungseinheit für den Tag erledigt. Einen Trainingsplan wie ein Profi benötigen Sie nicht. Sich feste Wochentage oder freie Slots im Kalender für die Feierabendrunde anzustreichen, kann aber disziplinieren.
Die Grundregel lautet: Dranbleiben! Radeln Sie nicht regelmäßig und über längere Zeit, riskieren Sie, Trainingseffekte zu verlieren. Um durch den Umstieg aufs Fahrrad merklich fitter zu werden, sollten Sie mindestens sechs Wochen durchhalten – und weitermachen.
Tipp: Mehrere kürzere Strecken bringen oft mehr als lange Strecken am Stück. Zudem sollten Sie dem Körper nach einer Trainingseinheit eine 48-stündige Pause zur Regeneration gönnen.
Warum ist das Radfahren gut für die Gesundheit?
Der Ausdauersport stärkt nicht nur das Herz-Kreislauf-System und die Muskeln. Fahrradfahren beugt laut DGSP auch vielen typischen Zivilisationskrankheiten vor:
- Bluthochdruck: Blutgefäße bleiben durch die Belastung elastisch.
- Arthrose: Gelenke werden ideal versorgt.
- Schlaganfälle und Gefäßverkalkung (durch bessere Blutversorgung)
- Brust-, Darm-, Prostata- und viele andere Krebsarten: Die allgemeine Kräftigung des Immunsystems und die Funktionalität der Organe werden optimiert.
Radfahren senkt das Risiko…
- eines Herzinfarkts.
- an Diabetes zu erkranken, weil es den Zuckerstoffwechsel positiv beeinflusst.
- einer Fettstoffwechselstörung (Hypercholesterinämie), weil es den Fettstoffwechsel verbessert.
- übergewichtig zu sein, weil aufgebaute Muskeln auch im Ruhezustand mehr Energie benötigen.
Radfahren kann auch Asthmaleiden lindern, weil die Lunge besser durchlüftet wird und der Sauerstoffaustausch besser ist.
Macht Radeln glücklicher und schlauer?
Ja, sagt Professor Reer. Es sorge nicht nur dafür, dass Glückshormone ausgeschüttet würden.
«Radfahren erhöht auch die Konzentrationsfähigkeit und macht schlauer. Als Mechanismen sind eine verbesserte Hirndurchblutung, eine Erhöhung der Neuroplastizität des Gehirns sowie eine förderliche Veränderung von Botenstoffen im Gehirn dokumentiert.»
Verlängert Fahrradfahren mein Leben?
Durch das Radeln wird der Herzmuskel kräftiger, er pumpt mit jedem Schlag mehr Blut durch den Körper. «Das Herz bekommt mehr Hubraum», sagt Sportprofessor Froböse. «Wenn ich den Herzschlag dauerhaft um zehn Schläge pro Minute im Durchschnitt reduziere, dann spare ich in sechs Jahren ein Jahr Herzarbeit.»
Ein lebensverlängernder Effekt in Jahren lasse sich nicht beziffern. Aber mit einer längeren Herzfunktion könnten Dauerradler rechnen.
Wie viel kann ich durch Fahrradfahren abnehmen?
Weil man sich nicht automatisch so anstrengt wie beim Joggen, ist der direkte Effekt beim Abnehmen geringer.
Diese Übersicht der Techniker Krankenkasse zeigt den Energieverbrauch (Kilokalorien pro Stunde) für eine Person von 70 Kilogramm im Vergleich zu anderen Ausdauersportarten:
- Radfahren (8 bis 12 Kilometer): 260 Kalorien
- Wandern auf ebenem bis hügeligem Gelände: 320 Kalorien
- Radfahren (15 bis 18 Kilometer): 400 Kalorien
- Brust- oder Kraulschwimmen in mittlerem Tempo: 480 Kalorien
- Jogging (12 Kilometer): 840 Kalorien
Grundsätzlich gilt: Je länger und intensiver Sie im Sattel bleiben, desto mehr Kalorien verbrauchen Sie. Bleiben Sie eine Stunde im Sattel, verbrennen Sie je nach Geschwindigkeit, Alter und Körpergewicht zwischen 200 bis 800 Kalorien.
Aber: Weil Sie durchs Radeln zugleich Muskeln aufbauen, wirkt sich dies zusätzlich positiv auf die Gewichtsabnahme auf. Fahren Sie regelmäßig, nimmt die Anzahl der Mitochondrien in den Muskelzellen zu. Diese «Kraftwerke» erhöhen den Energieverbrauch, auch wenn der Körper ruht. «Der eigentliche Effekt liegt also darin, den Körper so zu verändern, dass ich mehr Kalorien verbrenne, auch wenn ich nicht Rad fahre», sagt Froböse.
Biss und Ausdauer sind gefragt. Der Organismus wird darauf trainiert, auf Fettreserven als Energiequelle zuzugreifen.
Welche Muskeln werden beim Fahrradfahren trainiert?
Dass Sie durch Radeln Muskeln aufbauen, ist unbestritten. Denken Sie nur an die typischen Radlerwaden – ob bei der Tour de France oder bei Hobby-Sportlern. Bleiben Sie dabei, dann werden auch Sie bald gut konturierte Beine haben.
Fahrradfahren trainiert diese Muskelgruppen aktiv:
- Wadenmuskeln
- Oberschenkelmuskeln
- Gesäßmuskulatur
In ihrer Stützfunktion ebenfalls beansprucht werden Muskeln an:
- Ober- und Unterarmen
- Schultern
- oberem und unterem Rücken
Damit sind fast alle Muskelgruppen des Körpers mehr oder weniger in den Bewegungsablauf des Fahrradfahrens einbezogen.
Tipp zur Regeneration: Nach der Tour sollten Sie sich regelmäßig dehnen – vor allem die Frontpartien der Oberschenkel. Das muss nicht jedes Mal geschehen, wirkt aber wie eine kleine Wellnesskur.
Diese Übung ist ganz einfach: Sie stehen auf dem rechten Bein, winkeln das linke Bein nach hinten ab und ziehen es mit der linken Hand bis an den Po – und halten. Danach ist die andere Seite an der Reihe.
Das vergessen viele Radfahrer: Ein Ergänzungstraining darf nicht fehlen. «Profis machen das, Amateure vergessen es oft», sagt Sportmediziner Froböse. Vor allem die Muskelgruppen der Oberarme, des Rückens und der Schultern sollten Sie trainieren, um Verspannungen vorzubeugen.
Essen und Trinken: Was für die nächste Tour einpacken?
Erste Grundregel: «Der Wassertank muss voll sein», sagt Froböse. Also ein großes Glas – am besten lauwarmes – Wasser trinken, bevor die Fahrradrunde startet. Innerhalb der ersten zwei Stunden genügt als Wegzehrung Wasser, sagen Sportmediziner.Energie-Shot: Bei längeren Touren müssen Sie dem Körper Kohlenhydrate zuführen. Energie liefern zum Beispiel Bananen. Wer das Fahrradfahren ambitionierter angeht, kann auf konzentrierte Powergels zurückgreifen. Viele Fahrradhändler haben sie in unterschiedlichen Geschmacksrichtungen im Sortiment. Solche Gels sind oft mit Natrium angereichert – wichtig, um den Mineralienverlust durch Schwitzen auszugleichen.
Tipp: Isotonische Getränke oder Natriumpulver in der Trinkflasche haben einen ähnlichen Effekt.
Power-Food: Noch wichtiger ist die richtige Ernährung nach dem Sport. Ansonsten riskieren Sie, dass der Trainingseffekt verloren geht. Und gesund ist die Askese auch nicht.
Um den Aufbauprozess im Körper, also seine Regeneration anzustoßen, versorgen Sie sich am besten mit einer Kombination aus Kohlenhydraten und Proteinen, rät Froböse. Magerquark mit frischem Obst oder Ei mit Brot seien tolle Kombinationen, um dem Körper die benötigten Baustoffe zu liefern.
Viel Erfolg!
Quelle: dpa